Mobilitätskonzept in Halle (41. KPT – 25.03.2022)

Im Zuge des Votums beim Bürgerentscheid zur autofreien Altstadt stellte sich heraus, dass die hallesche Innenstadt ein gesamtheitliches Mobilitätskonzept benötigt. Das Ziel eines solchen Konzeptes muss es sein, alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen zu berücksichtigen und niemanden auszuschließen. Dazu gehören neben dem motorisierten Individualverkehr (MIV), der ÖPNV, der Rad- und Fußwegverkehr sowie auch weitere Angebote wie E-Scooter. Für uns ist klar, dass ein echtes, nachhaltiges Konzept nur unter diesen Voraussetzungen gelingen kann.

Wir müssen uns als Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit Verwaltung, Vereinen, touristischen Trägern, Verkehrsunternehmen und Politik gemeinsam Gedanken machen

  • wie beispielsweise Straßen vom motorisierten Individualverkehr entlastet und negative Auswirkungen des Verkehrs reduziert werden
  • wie ein effizienterer Umgang mit dem hohen Parkdruck bei geringer Flächenverfügbarkeit gefunden werden kann und
  • wie zukunftsweisende Ansätze eingebunden werden können.

Hierzu formulieren wir folgende Ziele, um sicherzustellen, dass unsere Innenstadt auch in Zukunft, kulturelles und wirtschaftliches Zentrum bleibt.

  1. Geltendes Recht konsequent umsetzen

Falschparker, Falschfahrer und andere Verkehrssünder sind oft Grund für Aufreger im alltäglichen Straßenverkehr. Für uns ist klar, dass nicht neue Verbote, sondern die Kontrolle des geltenden Rechts Priorität haben muss. Eine Verkehrsberuhigung, beispielsweise der Kleinen Ulrichstraße ist auf Grund der lokalen Gastronomie durchaus vernünftig, jedoch muss diese dann auch durch Ordnungsamt oder Polizei kontrolliert werden. Nicht die Höhe der Strafe, sondern die Wahrscheinlichkeit der Aufklärung führt zu Prävention.

1.1.)     Schwerpunktkontrollen Ordnungsamt – den Verkehrssündern direkt begegnen

Wenn wir an Stellen, die oft von Wiederholungstätern betroffen sind, verstärkte Kontrollen etablieren können wir hier eine höhere Aufklärungsrate garantieren. Bestimmte Orte in Halle wie z.B. die große Steinstraße sind oft Teil von Ordnungsverstößen, die den Verkehrsfluss innerhalb der Stadt behindern. Hier können diesem positiv entgegenwirken. Die Kommunikation mit dem Ordnungsamt soll erfolgen, um die Schwerpunkte auszumachen und ggf. anzupassen.

  1. Parkdruck reduzieren und Alternativen schaffen

Das Auto ist gerade für Familien eines der wichtigsten Fortbewegungsmittel im Alltagsverkehr. Im Arbeits- und Familienstress ist ein schneller Parkplatz häufig eine große Entlastung. Hier müssen mit dem Wegfall von Parkplätzen echte Alternativen entstehen und keine Parkhäuser welche noch keinerlei Planungsstatus besitzen. Hierzu fordern wir die Errichtung eines Parkhauses im Innenstadtbereich. Soll die Innenstadt, welche im Gegensatz zu anderen Innenstädten auch Wohnraum ist, weiterhin für Familien und Besucher attraktiv bleiben, ist eine Verringerung des Parkdrucks unerlässlich. Hierzu beantragten wir bereits letztes Jahr die Etablierung eines sensorbasierten Parkleitsystems, mit dem die Parkplatzsuche mittels App kürzer gestaltete werden kann, was nebenher noch zu einer Reduzierung von Abgasemissionen führt.

Außerdem muss die Stadt im Umfeld des Altstadtrings weitere Ersatzflächen für Parken ausweisen (z.B. Hallmarkt, Salzgrafenplatz), bzw. angedachte Wegnahmen zurücknehmen, bspw. am Universitätsring.

  1. Dem Einzelhandel nicht Steine in den Weg legen

Im Zuge der Corona-Krise mussten Einzelhändler aller Größenordnungen schwerwiegende Einschränkungen hinnehmen. Gerade in der Innenstadt von Halle, welche bereits seit vielen Jahren mit einer Zentralitätskennziffer von unter 100 eine unterdurchschnittliche Sogwirkung hat, sollten nicht durch den stark eingeschränkten Autoverkehr noch zusätzliche Barrieren errichtet werden.

  1. Sicher unterwegs – auch mit dem Rad

Fahrräder sind für viele das beste Fortbewegungsmittel, um im innerstädtischen Bereich von A nach B zu gelangen. Oft ist der Konflikt zwischen Autofahrern und Fahrradfahrern auf Grund schlechter Fahrbahnaufteilungen ein Problem. Hier möchten wir die gezielte Einrichtung von Fahrradstraßen fordern, in dem wir den Autoverkehr und Fahrradverkehr mit unterschiedlichen Leitungen gezielt trennen und so dieses Konfliktpotenzial entschärfen. Außerdem fordern wir die Einrichtung des Warnsystems “Flash-Bike” (ein System welches Mittels Lichtsignal Autofahrer und Fußgänger an Kreuzungen vor nahenden Fahrradfahrern warnt) an gefährlichen Kreuzungen. Denn jeder Verkehrstote ist einer zu viel. Des Weiteren begrüßen wir die Einrichtung von Fahrrad-Parkhäusern, in dem Radfahrer ihr Rad sicher abstellen können.

  1. Lieferketten nicht einschränken

Eine tadellos funktionierende Lieferkette ist für alle Einzelhändler, Großhändler und Gastronomen unabdingbar. Hier bieten Lastenfahrräder oder Packstationen allein keine ausreichende Alternative zur derzeitigen Praxis. Ein Mobilitätskonzept muss diese Lieferketten entweder erhalten oder eine echte Möglichkeit zum reibungslosen Lieferablauf gewährleisten. Hierfür müssen ausreichend flexible Zeitfenster geschaffen werden, um den Ansprüchen von Händlern und Gastronomen gerecht zu werden. Eine Einschränkung der Zeitfenster und Sperrung der Hallenser Innenstadt für den Verkehr lehnen wir ab.

  1. Carsharing optimieren und in Anwohnerparken integrieren

Der Individualverkehr behält sehr wahrscheinlich eine herausragende Stellung in unserer Stadt bei. Jedoch will nicht jeder Mensch ein eigenes Auto besitzen. Deswegen setzen wir uns für den weiteren Ausbau von Carsharing-Angeboten (stationär und Freefloating) ein. So erreichen wir ein breit gefächertes Angebot für jeden. Dazu ist es von Vorteil, Anwohnerparken personengebunden zu ermöglichen, um keine festen Stellplätze für Carsharing vorhalten zu müssen. Damit entfällt die Erhöhung des Parkdrucks.

  1. Nachfragegesteuerte Parkplatzgebühren

Halle muss als Oberzentrum nicht nur Parkplätze für seine Bewohner, sondern auch für viele Pendler anbieten können. So hat die Stadt nicht nur eine Verantwortung gegenüber ihren Bewohnern, sondern auch den umliegenden Regionen. Parkplätze haben ihren Preis, jedoch können sie nicht als Luxusgut gehandelt werden. Deshalb fordern wir die Gebühren an die Nachfrage zu koppeln. Zweck dieser Maßnahme soll nicht die Einnahmenmaximierung für die Stadt, sondern die effiziente Verteilung von Parkraum sein. So werden Parkplätze zu Stoßzeiten höher bepreist und zu Nebenzeiten geringer. Ein digitalisiertes Parkleitsystem (Punkt 2) hilft hier bei der Ermittlung und kann so leicht die Parkplatzauslastung erfassen.

  1. Fußgänger sicher durch den Verkehr bringen!

Zu einem echten Verkehrskonzept gehört auch ein durchweg gemeinsam gedachtes Gehwege-System. Gerade im Sinne der Barrierefreiheit ist es unerlässlich, dass Menschen mit Seh- und Gehbehinderungen oder auch ältere Mitbürger, welche in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, sicher durch die Stadt gelangen. Eine fußgängerfreundliche Innenstadt bedarf einer klaren Ausschilderung, funktionierender Blindenampeln und vor allem Fußgängerwege, welche den Namen auch verdienen. Hierzu fordern wir auch, dass Straßenpoller kontrastreicher und somit besser erkenntlich gemacht werden. Insbesondere verweisen wir auf die Initiative in Halle Blickpunkt Auge. Mit der sog. Roten Linie wollen wir es Touristen in Halle leichter machen Sehenswürdigkeiten leichter zu Fuß zu erreichen.

  1. Ein Ticket für alle Fälle

Mobilität muss gemeinsam gedacht werden. Deshalb fordern wir als Freie Demokraten eine Kooperationsvereinbarung zwischen Stadt und den einschlägigen Verkehrsanbietern (HAVAG, Teilauto, Jetzt, Swapfiets, Tier, Bolt). So können beispielsweise Touristen, welche nur kurzzeitig in der Stadt verweilen, ohne große Umstände alle Angebote nutzen. Denn ein Aufenthalt in Halle soll angenehm werden und nicht schon am Fahrscheinautomaten oder der benötigten App scheitern. Im Verlauf kann man dieses Angebot auch auf weitere Nutzergruppen in Halle erweitern.

  1. Unnötige Wege vermeiden – Onlineformate weiterentwickeln

Nicht jedes Meeting muss zwangsläufig im Büro stattfinden. Verkehrsentlastung findet als erstes beim Verkehrsteilnehmer statt. Deshalb setzen wir Freien Demokraten uns für ein Digitalkonzept am Arbeitsplatz ein. Ermöglichen wir Arbeitnehmern die Arbeit von zuhause und entlasten so zusätzlich den Verkehr. Hierzu sollte die Stadtverwaltung und der Stadtrat als gutes Beispiel vorangehen. Die Fortschritte, die hier in der Pandemie gemacht wurden, dürfen nicht rückentwickelt werden.