Aus der Stadtratsfraktion – Digitalisierung der Schulen wurde verschlafen

Die Corona-Krise legt offen, wie groß die Lücken in der digitalen Versorgung im Bildungsbereich sind. Die wenigsten Schulen sind gerüstet, um bei Schulschließungen ihren Bildungsauftrag per Online-Unterricht weiter zu erfüllen. „Nun rächt sich die verschlafene Digitalisierung unserer Bildungseinrichtungen. Während in Estland die Schulen mit digitalen Schulbüchern unkompliziert in das Lernen von zu Hause wechseln, müssen viele Lehrer in Sachsen-Anhalt über private E-Mail-Adressen mit Schülern und Eltern kommunizieren. De facto verstoßen sie damit gegen den Datenschutz,“ sagt Torsten Schaper, Mitglied des Bildungsausschusses im Stadtrat von Halle. „Die erste E-Mail wurde in Deutschland Anfang der 80er Jahre verschickt, Anfang 2020 diskutierten wir in der Politik noch, ob Lehrer eine dienstliche E-Mail-Adresse bekommen.“

Verantwortlich für die Ausstattung der Schulen sind die Kommunen, da diese für die öffentlichen Schulen der Schulträger sind. Es ist also Aufgabe der Stadt die Infrastruktur in den Schulen zu schaffen. Über den Digitalpakt wurden hierfür Mittel bereitgestellt, welche aber zum Großteil noch nicht abgerufen wurden. „Da muss die Stadtverwaltung ganz klar den Turbo einlegen,“ fordert Schaper, „die Geräteausstattung für finanziell benachteiligte Schüler muss dabei Priorität haben.“ Zwar stellt die Landesregierung jetzt 15 Millionen für Leihlaptops zur Verfügung, doch fehlt es noch an Konzepten und Personal, um die Technik nicht nur startklar zu machen, sondern auch zu betreuen. „Um mit der neuen Technik etwas anfangen zu können benötigen wir Investitionen in digitale Lernplattformen und eine zeitgemäße Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte. Eine Investitionsoffensive wäre zugleich ein Konjunkturimpuls für unseren Mittelstand, denn im Land haben wir einige Firmen, die so etwas umsetzen könnten.“

Die Stadt selbst kann das, wie andere Kommunen auch, nicht leisten. Dafür sind sie viel zu abhängig von den Mitteln aus dem Digitalpakt und mit der Antragsstellung teilweise auch überfordert. Die Freien Demokraten fordern daher zurecht einen grundlegenden Systemwechsel in der Bildungspolitik, das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern sollte abgeschafft werden, damit die Schulen für die Zukunft fit gemacht werden können. Das Recht auf Bildung muss auch in Krisenzeiten gewährleistet werden.

Sie finden den Artikel auf Seite 7 in der Ausgabe des Amtsblattes der Stadt Halle (29. Mai 2020). Online gibt es ihn HIER.