Vor 30 Jahren haben die Menschen in der damaligen DDR nicht nur für das Ende der Diktatur, sondern auch für Wohlstand und wirtschaftliche Freiheit gekämpft, die ihnen die sozialistische Planwirtschaft lange verwehrt hat. Die Umstellung zur Marktwirtschaft ist neben der friedlichen Revolution eine unglaubliche Lebensleistung der Ostdeutschen, die Respekt und Anerkennung verdient. Vieles stellte sich als deutlich schwieriger heraus als zunächst angenommen, ohne Frage wurden auch Fehler gemacht. Dennoch können wir durchaus mit Stolz auf das blicken, was in diesen 30 Jahren erreicht wurde. Die Realeinkommen sind so hoch wie nie, die massive Umweltverschmutzung wurde beseitigt und zwei Drittel der Menschen sehen ihre wirtschaftliche Position als positiv oder sehr positiv.
Auch wenn gerade junge Menschen sich weder als „Wessis“ oder „Ossis“, sondern als Deutsche und Europäer fühlen, wird die Vollendung der Einheit noch Zeit brauchen. Viele Ostdeutsche sehen sich weiterhin benachteiligt und fürchten um die Sicherheit ihres Lebensstandards. Von diesen Sorgen versuchen AfD wie Linke zu zehren. Die Treuhand muss in Wahlkämpfen mal wieder als Sündenbock herhalten. Dort hätte sicher manches besser laufen müssen, aber der Insolvenzverwalter ist nicht Schuld am Bankrott, sondern das vorherige Management. Während die Linke mit denselben gescheiterten Geschäftsideen weiterhin hausieren geht, versucht die AfD mit einer „Wende 2.0“ die Generation von 89 und ihr Erbe zu vereinnahmen. Solch stumpfer Wahlkampfpopulismus ist es in Wirklichkeit, der die Lebensleistung der Ostdeutschen geringschätzt.
Fehler müssen benannt werden. Das darf aber nicht zu einer Verklärung der Vergangenheit führen und erst recht nicht zur Verzagtheit in der Gegenwart. Wir brauchen stattdessen wieder einen neuen mutigen Aufbruch. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass der wirtschaftliche Aufholprozess in den letzten Jahren vielerorts zum Erliegen gekommen ist. Mit der Digitalisierung und dem Klimawandel stehen uns auch neue große Aufgaben bevor. Wirtschaftlicher Erfolg lässt sich hier nicht herbeifördern und schon gar nicht politisch planen – auch das ist eine Lehre, die wir in den neuen Ländern machen mussten. Bei dem staatlich verordneten Ende der Braunkohleverstromung verlässt man sich wieder auf gescheiterte Rezepte. Wären die 14 Milliarden der Kohlekommission privatwirtschaftlich investiert worden, die Braunkohlereviere würden heute zu den absoluten Boom-Regionen Europas gehören. Doch als Subventionen mit der Gießkanne wird das Geld wirkungslos verpuffen.
Um dauerhaft neue innovative Betriebe anzusiedeln brauchen wir nicht mehr staatliche Planwirtschaft, sondern mehr Selbstbestimmung. Regionen im Osten Deutschlands sollten Freiheitszonen werden, mit weniger bürokratischen Auflagen und einer geringeren Steuerlast. Wir müssen führend werden bei der digitalen Verwaltung, weltbeste Bildung bieten und neue technologieoffene Konzepte für die Mobilität der Zukunft entwickeln. Für all das braucht es politischen Mut, an dem es in den Regierungen in Bund und Ländern zu häufig mangelt. Wir als Freie Demokraten stehen für diesen beherzten Aufbruch.