Großer Bahnhof in Berlin

Am 18. Januar fuhr eine kleine Abordnung unseres Kreisverbandes zum Empfang anlässlich des 50. Geburtstages von Guido Westerwelle nach Berlin. Die Party fand im sogenannten Tipi, einem temporären zirkusähnlichem Bau in der Nähe des Kanzleramtes statt. Und beim Eintreten ins Zelt wurde uns die passgenaue Originalität des Ortes bewusst, denn es tummelte sich dort der gesamte Prominentenzirkus aus Politik, Kultur und Gesellschaft.

Guido Westerwelle stand mit seinem Lebenspartner Michael Mronz auf dem roten Teppich, gegenüber hatte sich ein Heer Journalisten aufgebaut und der Besucherstrom wurde zum allgemeinen Gratulieren daran vorbei gelenkt. In der Wartezeit bis zum Händeschütteln wurde mir bewusst, dass sich hier eigentlich jeder Spinner hätte medienwirksam verwirklichen können, denn es fand keine wirkliche Einlasskontrolle statt, die vorgezeigten Einladungen wurden nicht mit Personalausweisen verglichen und auch eine Taschenkontrolle fand nicht statt. Das verwunderte schon angesichts der aufgelaufenen Politprominenz inklusive Bundeskanzlerin.

In der von Johannes B. Kerner moderierten Veranstaltung kamen drei Festredner zu Wort. Der Parteivorsitzende Phillip Rösler hatte die sicherlich nicht einfache Aufgabe, über einen brillianten Redner wie Guido Westerwelle zu reden. Ihm fiel dann auch nichts weiter ein, als seine Rede aus Zitaten von ihm zusammen zu stellen. Der Applaus war höflich. Als zweites trat Lady Ashton, hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik ans Mikrofon. Sie fand sehr herzliche Worte für den Jubilar und gab exemplarisch einen Eindruck eines gemeinsamen Aufenthaltes mit ihm in Afghanistan wieder. Dort lernte sie ihn von drei Seiten kennen: als großen Vertreter des europäischen Gedankens, als würdigen Repräsentanten des Landes Deutschlands und als wahren Freund. Hier war der Applaus dann schon sehr warm.

Unbestreitbarer Höhepunkt des Abends war die Rede unserer Bundeskanzlerin. Hier wurde nun auch dem Letzten klar, wie diese Frau es schafft, die ganzen Machos der internationalen Gemeinschaft um den Finger zu wickeln. Sie versprühte so viel Witz und unglaublich viel Natürlichkeit in ihrer Rede und bedachte dabei sowohl die anwesenden politischen Freunde, aber auch die zahlreich vertretene politische Opposition mit wohl formulierten und sehr unterhaltsamen Botschaften, sodass sich weder ein Herr Gysi noch ein Herr Steinmeier diesem entziehen konnten. Am Ende erntete sie tosenden Applaus. Das i-Tüpfelchen setze dann Guido Westerwelle selbst. Er brachte neben den üblichen Dankesworten auch seine große Freude zum Ausdruck, dass man einen so selbstverständlichen Umgang mit ihm und seinem Lebensgefährten beim Gratulieren gefunden hatte. Außerdem entschuldigte er sich zusammenfassend bei allen Menschen, die er in früheren Zeiten durch seine scharfe Rhetorik möglicherweise verletzt haben könnte. Und am Ende versenkte er die anwesende Zunft der Journalisten, indem er in einem manuskriptfreien, fehlerfreien und sprachlich durchaus annehmbaren Englisch der anwesenden Lady Ashton für ihre warmen Worte dankte. Der Dank ging über mehrere Sätze und bewies, dass der Außenminister Deutschlands durchaus in der Lage war, sich in einem guten Englisch zu verständigen.

Ich erlebte auf dieser Veranstaltung neben vielen Plaste-Menschen (unnatürlich zurecht operierte oder gestylte Fernsehstars), einem wahren Auflauf an Politikern jeder Partei und auch jeder Epoche einen Guido Westerwelle, der bewiesen hat, dass er längst noch nicht abgeschrieben ist und zur nahen Vergangenheit der FDP gehört. Es war ein Guido Westerwelle, der die Größe hatte, sich zu Fehlern zu bekennen, der genug Persönlichkeit hatte, um auch über Gefühle und Empfindungen zu reden, und sich bei seinem Auftritt tatsächlichen und nicht nur höflichen Respekt verdiente.

Ich hoffe, wir werden auch noch in zehn Jahren als Partei vom Politiker und vom Menschen Guido Westerwelle partizipieren.

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