Brücken in Halle

Sanierungsrückstau

In den Sonntagsnachrichten vom 01. Mai 2011 äußerte sich der nunmehr verabschiedete Baubeigeordnete Dr. Thomas Pohlack noch einmal abschließend zum derzeitigen baulichen Zustand der halleschen Brückenbauwerke:

 

  • Die Stadt verfügt über 138 Brückenbauwerke. Ohne Angabe ist die Zahl der Ingenieurbauwerke. Weitere Ingenieurbauwerke sind die Tunnel, Treppen, Lärmschutzwände, Ufermauern, Stützwände, Trogbauwerke usw. usw. der Stadt Halle, deren Zahl nicht genannt wird.

Für alle Ingenieurbauwerke zusammen stehen für die Unterhaltung und Instandhaltung jährlich 920.500 € zur Verfügung.

  • Bei 9 Brücken sind die Schäden so erheblich, dass deren Beseitigung mit den vorhandenen Mitteln nicht erfolgen kann.

Als extremes Beispiel wird die Brücke an der Carl-Robert-Straße an der B6 genannt. Deren Überbau auszutauschen koste 1,2 Mio. € und diese stehen nicht zur Verfügung. Eine Totalsperrung sei trotz der jetzt vorgenommenen Traglastreduzierung mit Verengung auf eine Spur nicht mehr auszuschließen. Weitere Brücken wurden bereits total gesperrt.

Erinnert sei an die „Neue Brücke“ von der Halle-Saale-Schleife zur Peißnitz. Hier sollen die Kosten für den Ersatzbau 1,5 Mio. € betragen.

  • Für weitere 12 Brücken konnte der Finanzierungsbedarf gar nicht erst benannt werden. Darunter fallen die Burg-Brücke und die Brücke über den Franckeplatz (B80). Bei letzterer sind nur die Reparaturkosten für die Geländer mit 6,3 Mio. € veranschlagt.

Bei dieser Nennung fällt auf, dass die 37 bekanntermaßen sprödbruchgefährdeten Spannstahlbrücken nur immer wieder mit ihren Geländern und Kappen, nicht eigentlich aber mit ihrer Grundproblematik des fehlenden Ankündigungsversagens und der daraus resultierenden strittigen bzw. nicht (endgültig?) möglichen Sanierung erwähnt werden. Bemerkt sei noch, dass die Stadt kaum auf Unterstützung vom Land hofft, denn dort sind nur 3 Brücken im Mehrjahresprogramm 2011 bis 2013 aufgenommen worden: die Brücken der B6 – also die Bauwerke Carl-Robert-Straße, Riebeckplatz – und der B80 „An der Feuerwache“. Dabei wird nur nach dem Entflechtungsgesetz gefördert – also Brücken, deren Entwidmung und vollständige Übereignung vom Land an die Stadt bevorsteht und dann auch nicht deren Instandhaltung.

Vorgeschichte und heutiger Anlass

Im Februar 2006 hatte Frau Klein als berufene Bürgerin im Planungsausschuss und als Mitglied der FDP-Stadtratsfraktion einen neuerlichen Vorstoß in der Presse unternommen, nachdem in den beiden Jahren zuvor bei den Haushaltsberatungen keine erkennbar ausreichenden Mitteleinstellungen als Reaktion der Stadtverwaltung auf Nachfragen zum inzwischen deutlich erkennbaren Sanierungsrückstau erfolgten.
Presse und MDR nahmen sich der Sache an. Das Interesse konzentrierte sich infolge der Umgestaltung des Riebeckplatzes auf die beiden dort eingebundenen Brückenbauwerke. Diese hatten durch die Umgestaltung eine Tieferlegung der Gründung der Mittelpfeiler erfahren – aber keine Sanierung des Überbaus.

Die Schäden an den Überbauten kamen also 2006 erstmals in die Öffentlichkeit. Gutachter wurden mit Unbedenklichkeitsbescheinigungen zitiert. Im Jahre 2007 erfolgten dann eine Teilsanierung und weitere Sanierungsmaßnahmen noch über 2009– dem vom Baubeigeordneten zugesagten Sanierungsende – hinaus. Es wurde sogar ein Ankündigungsverhalten für ein mögliches Versagen öffentlich bescheinigt, das sich im Nachhinein als nicht gegeben erwies.

Der dann im August 2010 an die Öffentlichkeit gegebene Totalschaden der Brücke in der Carl-Robert-Straße ließ den Schluss zu, dass die städtische Verwaltung ohne Konzept und ohne Vorbereitung für Totalausfälle bei Ingenieurbauwerken, also nicht nur der 37 Spannbeton-Brückenbauwerke ist. Die Häufung der Schäden an diesen Bauwerken in den Jahren 2006 bis 2011 ging ja durch die Presse.

Der parteiische und polemische Umgang mit fachlich fundierten Hinweisen von zwar in Halle wohnenden aber auftragsmäßig unabhängigen Fachleuten in 2006 bis heute (siehe auch Internetseiten zum halleschen Brückenthema und zum Thema HES Haupterschließungsstraße Ost) und die fehlende Offenlegung der aufgelaufenen Rückstellungssummen aus nicht erfolgtem Sanierungsbedarf an halleschen Brückenbauwerken im Stadtrat und im Planungsausschuss in 2006 bis 2011 sind letztlich für die FDP-Fraktion im Jahre 2010 der Anlass gewesen, mit den neuerlichen Haushaltsberatungen und mit Abschluss der Arbeiten am Riebeckplatz grundsätzlich nach dem sorgsamen Umgang mit städtischem Eigentum und mit städtischen Finanzen anhand eines vorzulegenden Sanierungsplanes aufgrund des vorhandenen Brückenkatasters zu fragen.

Die Antworten kamen zögerlich, teilweise über die Presse oder erst in den Sitzungen des Planungsausschusses. Auch der zuständigen Teamleiter für Brücken- und Wasserbau vom Tiefbauamt konnte noch nicht konstruktiv und offen über die technischen und haushälterischen Probleme bei der Bestandsverwaltung sprechen. Dies bleibt wohl wegen des leider vor Ort nicht korrekt kooperierenden Personals des Stammtisch-Domizils erst einer späteren Gelegenheit überlassen.

Offen gebliebene Fragen

Was passiert bei jetziger Haushaltslage, wenn die Instandhaltung der heute gerade noch mit Note 3 eingestuften Bauwerke nicht mehr durchsetzbar ist und eine größere Zahl von gleich alten und gleich riskanten Bauwerken aus dem Verkehr genommen werden muss?

Wie reagieren aus Ihrer Sicht die Stadträte und landespolitischen Entscheidungsträger, wenn ersichtlich wird, dass das Tiefbauamt die erforderlichen Rückstellungen zwar kannte aber deren Bereitstellung nicht durchsetzen konnte? Woran erkennen wir, dass wir uns mit den notwendigen Informationen und haushälterischen Forderungen bei den Entscheidungsträgern durchgesetzt haben? Was genau bedeutet: Die Notwendigkeit der Mittelbereitstellung hat sich „durchgesetzt“?

Wie hoch schätzen wir selbst die Durchsetzungsfähigkeit der Mittelbereitstellung ein?

Undine Klein
Für die FDP-Stadtratsfraktion

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