„O‘zapft is“

Um erst gar keine Verwirrung aufkommen zu lassen: Nein, um das Münchener Oktoberfest geht es in diesem Beitrag nicht. Es geht vielmehr um einen Beitrag zur Freiheit im Internet.

Als gegen Ende des letzten Jahres eine von staatlichen Stellen verwendete Spionagesoftware analysiert wurde, gelangte schnell diese bekannte Redewendung als Synonym in den Umlauf: Die bayrische Staatsregierung bestätigte den Einsatz dieser Software, um die Daten von Privatpersonen „anzuzapfen“ und anschließend gegen sie zu verwenden. Dass der Einsatz solcher Methoden nicht an einen demokratischen Rechtsstaat erinnert, benötigt keiner langen Denkpause. Vielmehr erinnert dieses Vorgehen an längst gescheiterte Diktaturen auf deutschem Boden.

Der Erfolg einer kleinen Partei, deren Mitglieder gerne liebevoll „Nerds“ genannt werden, zeigt, dass das Internet seit einigen Jahren kein Thema mehr für sich und die Nerds ist, sondern mit allen anderen Bereich, sei es im Privatleben, in der Wirtschaft oder in der Politik, eng verflochten ist und stets mitbedacht werden muss. Zu Recht darf man Jimmy Schulz (MdB) als eine Art Vorkämpfer für diese Ansicht innerhalb der FDP bezeichnen. Auf Einladung der Liberalen Hochschulgruppe besuchte er am 11.01. die Universität der Saalestadt.

In den leider viel zu kurzen zwei Stunden verdeutlichte er den Besuchern der Veranstaltung die hohe Bandbreite der Thematik. Es war ihm deutlich anzumerken, dass er sein Thema gefunden hat und die Möglichkeiten, die ihm als gewählter Vertreter geboten werden, sehr gut nutzt. Gerade in der Koalition mit CDU und CSU macht sich für die FDP Ausdauer bezahlt: Deutschland hat die Vorratsdatenspeicherung nicht (wieder) eingeführt und die Internetsperren wieder abgeschafft. Besorgt zeigte er sich um die zahlreichen Rufe nach Internetregulierungen. Dies ist nicht nur gegen die Grundidee die hinter dem Internet steht, sondern ist zugleich ganz und gar unnötig: Straftatbestände regelt das Strafgesetzbuch und „ein Betrug ist ein Betrug, egal ob via Telefon oder Netz“, so Jimmy Schulz wörtlich. Ein Tatsache, die sich prägnanter nicht formulieren lässt.

 

„Aus den Augen, aus dem Sinn“ löst keine Probleme. Zur Sprache kam auch der Umgang mit Kinderpornographie. Von Befürwortern von Internetsperren ein oft verwendetes Argument. Doch, stellte er heraus, muss man sich fragen, ob das der richtige Weg sei. Seine Antwort ist ein klares Nein. Erfolgversprechender ist der Weg der internationalen Ächtung und Strafbarkeit dieses Vergehens weltweit. In Kombination mit dem Löschen strafrechtlich Relevanter Inhalte ist dies ein Effektiver Weg, Kriminalität im Internet zu bekämpfen. Ob sich die Internetzensoren davon beruhigen lassen ist ungewiss. Aus liberaler Sicht hingehen gibt es keine endgültige Sicherheit, aber das Bestreben nach soviel Freiheit wie möglich und soviel Sicherheit wie nötig.

Wie bereits oben bemerkt, lässt sich der Umfang nicht in wenigen Stunden bewältigen. Aber ich möchte noch kurz den Blick auf Ereignisse von internationaler Bedeutung lenken. Spätestens mit den Umbrüchen im arabischen Frühling hat sich gezeigt, dass die Menschen über das Internet in der Lage sind, machtvolle Bewegungen zu organisieren. Bisher stabil geglaubte Diktaturen und für den Westen verlässliche Partner (z.B. Ägypten) sind so zu Fall gebracht worden. Die Demokratie kann davon profitieren, wenn sie es zulässt, neben den „analogen“ Verfahren digitale Wege zur Mitbestimmung zuzulassen und nicht nur in einem „weiter so“ verharrt. Petitionen und Demonstrationen werden schon länger und mitunter auch erfolgreich über das Netz organisiert. Seit einiger Zeit ist eGovernment ein Bestandteil des Diskurses, „liquid democracy“ kommt hinzu.

Ein positiver Aspekt dieser Ansätze ist ihre liberale Grundeinstellung. Dieser Diskurs wird nicht von Befürwortern der Internetregulierung und dem Ausbau der Überwachung durch den Staat dominiert. In ganz parteipolitischer Sicht liegen hier viele Chancen für die Freie Demokratische Partei. Um hierbei erfolgreich zu sein, werden wir nacharbeiten müssen. Dann bieten sich doch  Möglichkeiten, neue Akzente zu setzen und eigene Ideen erfolgreich einzubringen. Denkbar dabei ist vieles, mit Sicherheit ist nicht jeder bereits geäußerte Vorschlag sinnvoll. Dennoch ist, um noch einmal zur Veranstaltung mit Jimmy Schulz zurückzukommen, der Blick auf die Chancen viel Interessanter, als nur die Gefahren zu sehen.

Zu guter Letzt möchte ich Uwe Lühr und dem Team der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Unterstützung und die Mitorganisation der Veranstaltung danken.

 

Sören Kohse

Leave A Comment