Obwohl alle alten Hallenser wussten, dass Felix Graf von Luckner einen wesentlichen Anteil an der Rettung unserer Stadt hatte, wurde dieser Fakt zu DDR-Zeiten totgeschwiegen. Verständlich war ein solches Vorgehen in einer Doktrin, die Adlige per se als Reaktionäre ansah und nur die Sowjetarmee als Befreier feierte. Nach der deutschen Einheit stand zu erwarten, dass ein objektiverer Umgang mit der Geschichte Eingang hält und so befassten sich einzelne Hallenser mit der Aufarbeitung der Vorgänge in den Tagen um den 19. April 1945. Wie vermutet, hatten mehrere mutige Männer an der Rettung Halles Anteil und nach und nach erschien der eine oder andere Name im Straßenbild. Das neue Viertel am Klinikum Dölau gab Gelegenheit, Theodor Lieser, Walter Hülse und Nikolaus Weins zu ehren. Zwar waren diese Herren auch keine Kommunisten sondern Bürgerliche, aber zu einem kleinen Zugeständnis war der Stadtrat 1991 offensichtlich bereit. Aufstände im Stadtrat sind dagegen regelmäßig zu erleben, wenn die FDP – Fraktion einen Antrag stellt, Graf Luckner in irgendeiner Art zu ehren.
Seit 1996 geschieht dies etwa alle 3 Jahre und insbesondere die Sozialdemokraten finden gar nicht genug Schmutz, um ihn über den Grafen auszuschütten. Da wird regelmäßig eine große Nähe zu den Nazis behauptet, die nicht bewiesen wird und ganz schlimm kommt es, wenn Akten des Reichssicherheitshauptamtes als Beweis einer pädophilen Neigung zitiert werden. Hier zählt keine Unschuldsvermutung, da wird ihm eine Tochter angedichtet und dass die Akten von einer der schlimmsten Verbrecherorganisationen stammen, stört auch keinen der ansonsten kämpferischen Antifaschisten. Ein Mann mit höchsten Ehrungen in Amerika und Träger des Bundesverdienstordens soll nach dem Willen der linken Politiker in der Stadt, die ihm am meisten verdankt, aus dem öffentlichen Gedenken getilgt werden.
Der jüngste Anlauf der FDP-Fraktion zu einer Ehrung datiert aus dem Jahr 2009, damals initiiert von Dr. Hans-Dieter Wöllenweber und fand im Kulturausschuss eine Mehrheit. Es sollte eine Tafel am Marktplatz angebracht werden, die namentlich Huhold, Hülse, Lieser, Luckner und Weins ehrt.
Der Stadtrat beschloss allerdings nach Jahren der Beratung durch einen Änderungsantrag der SPD eine Tafel, die allgemein jene ehren soll, die die Stadt gerettet haben, ohne Namen zu nennen. An dieser Stelle hatten wir von der Ignoranz der linken Mehrheiten genug und haben uns als Fraktion an die Bevölkerung unserer Stadt gewandt, um in Privatinitiative eine Gedenktafel anzubringen.
Viele Bürger unserer Stadt reagierten begeistert auf dieses Vorhaben und einige haben sich finanziell beteiligt. Schließlich gelang es uns, eine würdige Tafel zu finanzieren, deren Anfertigung wir bei Matyus & Meinecke Steinmetze in Auftrag gaben. Große Unterstützung erhielten wir von der Familie Wöhrl und der Tetris Gmbh & Co KG als Eigentümer des Hauses Marktplatz 3-7, auch als Wöhrl-Kaufhaus bekannt, die uns die Anbringung an ihrem Haus gestatteten.
Nachdem sich abzeichnete, dass wir erfolgreich sein werden, wurde kurzfristig die vom Stadtrat beschlossene Tafel am Roten Turm angebracht, was zu hämischen Kommentaren in einigen Medien führte.
Am 19.April dieses Jahres war es soweit. Anlässlich der 67. Wiederkehr des Tages, an dem die Kampfhandlungen des II. Weltkrieges für Halle endeten, bot sich ein würdiger Rahmen zur Anbringung der Gedenktafel. Die Luckner-Gesellschaft organisiert inzwischen seit drei Jahren ein Glockenläuten zur Stunde des Waffenstillstands und so fand auch 2012 um 10:55 Uhr ein derartiges Ereignis statt. Verbunden war das Läuten mit einem anschließenden Gedenkgottesdienst auf dem Marktplatz gehalten von Superintendent Hans-Jürgen Kant. Nachdem bereits die regionalen und überregionalen Medien u.a. das mdr Fernsehen und der Spiegel über die Aktion berichtet hatten, fanden sich in diesem Jahr etwa 500 Teilnehmer auf dem Markt ein. Im Anschluss an die Andacht ging die Gedenkgemeinde von der Marktkirche zum Wöhrl-Kaufhaus, um die Tafel zu enthüllen.
Hier hielt zunächst Herr Matthias Maurer als Vorsitzender der Luckner-Gesellschaft eine Rede, die vor allem die Leistungen Graf Luckners in den letzten Kriegstagen würdigte. Anschließend war es an mir, die auf der Tafel genannten Personen zu würdigen. Theodor Lieser hatte als Universitätsprofessor die Bürger der Stadt aufgerufen, mit weißen Fahnen die Übergabe der Stadt zu dokumentieren, Nikolaus Weins unterstützte als Chef des Roten Kreuzes die Aktivitäten von Graf Luckner und Karl Huhold begleitete und assistierte als ehemaliger Major Luckner bei seinen Verhandlungen. Walter Hülse als Chefarzt des Elisabeth-Krankenhauses war maßgeblich an den Entscheidungen zur Übergabe der Stadt beteiligt. Er war es im Übrigen, der später als behandelnder Internist in langen Gesprächen den damals 20 jährigen Hans-Dietrich Genscher zu einem glühenden Liberalen formte. Theodor Lieser wurde von den Amerikanern als Bürgermeister von Halle eingesetzt, bevor ihn die Russen durch einen nicht-bürgerlichen ersetzten.
Als ich in meiner Rede unsere alte Forderung nach der Benennung einer Straße nach Graf Luckner erneuerte, brandete Beifall auf, der uns für weitere Aktivitäten bestärken soll.
Nach der Enthüllung der Tafel legten einige alte Hallenser an ihrem Fuße Blumen nieder und dankten der FDP, dass wir endlich diese Helden unserer Stadt ansprechend ehren.
Geht man heute über den Markt, sieht man immer Menschen vor der Tafel stehen und den Text lesen. Wir hallesche Liberalen haben nicht gewartet, bis andere etwas tun, sondern selbst gehandelt und damit ein kleinen Stein gegen die Geschichtsverfälschung in Halle, für die Freiheit der Wahrheit geliefert.